Redebeitrag “Demokratie braucht Rückgrat”

Liebe Dresdnerinnen und Dresdner,
liebe Gäste,

mein Name ist Lutz Hoffmann. Ich bin Stadtbezirksbeirat in der Dresdner Altstadt. Seit 2014 darf ich in diesem Gremium mit Mitgliedern aller Parteien um ein Ergebnis ringen. Wir streiten, diskutieren und trotz unterschiedlichster Standpunkte zu Beginn der Diskussionen, haben wir in den meisten Anträgen und Fällen am Ende einen mehrheitsfähigen Kompromiss gefunden. Wir leben Demokratie!

Ich wünsche mir mehr Demokratie –mehr Meinung, mehr Streit, mehr Austausch.

Wir stehen hier an einem Ort, der uns Mahnmal und Hoffnung für die Demokratie zugleich sein sollte. Mahnmal, weil zu viele in der Entstehung und während des Krieges weggeschaut oder mitgemacht haben. In dieser Konsequenz wurde weltweit Leid verbreitet.

Der Wiederaufbau der Frauenkirche steht aber auch als ein Zeichen für gelebte Demokratie. Im Jahre 1989 erging der „Ruf aus Dresden“: Der Aufruf zum Wideraufbau der Frauenkirche. Es gab viele kontroverse Diskussionen und unterschiedliche Sichtweisen. Es wurde Überzeugungsarbeit geleistet und schlussendlich wurden die widerstreitenden Positionen zwischen – Wiederaufbau oder Erhalt des Mahnmals – in Einklang gebracht.

Mit weltweiter Unterstützung gelang es schließlich sage und schreibe 90 Millionen Euro Spenden für den Wiederaufbau einzuwerben. Hier steht sie, als Zeichen für Versöhnung, als Zeichen gelebter Demokratie und Gemeinschaft.

Ich wünsche mir mehr Demokratie, das heißt vor allem wieder mehr ZUHÖREN.
Kein Mensch hat jemals gesagt, dass Demokratie einfach ist.

Seit Oktober 2014 erleben wir die verbalen Entgleisungen bei PEGIDA Demonstrationen. Ich selber war bei 2/3 der Spaziergänge anwesend. Wohl gemerkt nicht auf Seiten von PEGIDA. Während ich am Anfang noch die Auffassung vertrat, dass man einen Teil der Teilnehmer mit Argumenten überzeugen könne, ist der jetzt aktive harte Kern schon lange nicht mehr diskursfähig.  

Es ist gut, dass diesem Blödsinn widersprochen wird. Natürlich darf man auch Methoden des Gegenprotests in Frage stellen. Aber in der Bewertung von rechtsradikalem Gedankengut sollten wir Demokraten uns alle einig sein.

„Das wird man doch nochmal sagen dürfen!“ So heißt es oft. Und ja, die Meinungsfreiheit ist ein hohes demokratisches Gut und zu Recht lässt das Grundgesetz allerhand zu und schon Voltaire sagte: Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.

Das heißt aber noch lange nicht, dass wir alles unwidersprochen hinnehmen müssen.

Lassen Sie uns gemeinsam am Küchentisch in der Familie, auf Arbeit, in Bus und Bahn, beim Sport und am Stammtisch couragiert Äußerungen hinterfragen. Fragen wir nach: wie meinst du das? Zwingen wir unseren Gegenüber zum Nachdenken. Zwingen wir ihn dazu, sich zu erklären. Lassen wir keine Form von Rassismus und Antisemitismus unwidersprochen stehen.

Ich bin begeisterter Sportler und Trainer. Es ist erschreckend, was die internationalen Sportler und Sportlerinnen berichten. Dresden muss ein Ort zum Wohlfühlen für jeden bleiben.

Gerade im Ehrenamt erlebe ich täglich:  Eine offene Gesellschaft beginnt mit dem Engagement im Sport-, Kultur oder Musikverein, in Freiwilliger Feuerwehr und Rettungsdienst. Lassen Sie uns gemeinsam unsere Nachbarschaft und unsere Gesellschaft positiv gestalten.

Unsere Demokratie und unsere Gesellschaft braucht Rückgrat! Sie braucht Dich! Sie braucht jeden Einzelnen von uns!  

Wie kann das aussehen? Das haben die Zuschauer am letzten Wochenende beim Drittligafussballspiel zwischen Preußen Münster und den Würzburger Kickers gezeigt. Hier wurde der Spieler Leroy Kwadwo von einem Zuschauer rassistisch beleidigt und Affenlaute in seine Richtung gemacht. Das Stadion erhob seine Stimme, skandierte lautstark „Nazis raus“ und stellte den Täter.

Ich wünsche mir für die Zukunft wieder mehr solcher Reaktionen!